BGH-Entscheidung zur Gesamtstrafe nach nachträglichem Straferlass
Einführung: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem aktuellen Beschluss vom 19.12.2024 (Az. 2 StR 534/24) eine wichtige Klarstellung zur Bildung der Gesamtstrafe nach einem nachträglichen Straferlass getroffen. Die Entscheidung betrifft die Frage der Zäsurwirkung eines Strafbefehls, dessen Strafe nachträglich erlassen wurde, und hat Auswirkungen auf die Gesamtstrafenbildung in vergleichbaren Fällen.
Sachverhalt:
Das Landgericht Erfurt hatte den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung von Einzelstrafen aus einem früheren Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Dabei hatte das Landgericht einen Strafbefehl des Amtsgerichts Erfurt vom 27.03.2019, der wegen Besitzes von Marihuana ergangen war, nicht in die Gesamtstrafe einbezogen. Die Strafe aus diesem Strafbefehl war aufgrund der Gesetzesänderung durch das Cannabisgesetz (KCanG) vom 27.03.2024 erlassen worden.
Rechtsfragen:
Der BGH hatte zu klären, ob der Strafbefehl trotz des Straferlasses eine Zäsurwirkung für die Gesamtstrafenbildung entfaltet und ob das Landgericht die Gesamtstrafe korrekt gebildet hat.
Entscheidung und Begründung:
Der BGH hob den Gesamtstrafenausspruch des Landgerichts auf. Er bestätigte zwar, dass die Strafe aus dem Strafbefehl wegen des Straferlasses gemäß Art. 316p EGStGB i.V.m. Art. 313 Abs. 1 EGStGB nicht in die Gesamtstrafe einzubeziehen war. Entgegen der Ansicht des Landgerichts entfalte der Strafbefehl jedoch keine Zäsurwirkung. Da die Strafe erlassen wurde, entfällt die mit der Vorverurteilung verbundene Zäsur. Daher hätte das Landgericht alle relevanten Einzelstrafen, einschließlich derjenigen aus einem weiteren Urteil gegen den Angeklagten, in die Gesamtstrafenbildung einbeziehen müssen.
Auswirkungen:
Die Entscheidung des BGH verdeutlicht, dass ein Straferlass nicht nur die betreffende Strafe beseitigt, sondern auch die Zäsurwirkung einer Vorverurteilung aufhebt. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf die Gesamtstrafenbildung in Fällen, in denen nachträglich ein Straferlass erfolgt.
Schlussfolgerung:
Der BGH hat mit dieser Entscheidung die Rechtslage zur Gesamtstrafenbildung nach einem Straferlass präzisiert. Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung der korrekten Berücksichtigung von Straferlassen bei der Gesamtstrafenbildung und dürfte in der Praxis zu einer einheitlicheren Anwendung der relevanten Vorschriften führen. Die neue Gesamtstrafe wird nun im nachträglichen Beschlussverfahren festgelegt.
Quelle: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.12.2024 - 2 StR 534/24