BVerwG bestätigt Entzug der Fahrerlaubnis bei medizinischer Cannabis-Behandlung
Einführung
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat mit Beschluss vom 08.01.2025 (Az. 3 B 2/24) die Beschwerde eines Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zurückgewiesen. Der Kläger hatte die Neuerteilung seiner Fahrerlaubnis beantragt, die ihm aufgrund von Cannabis-Konsum im Straßenverkehr entzogen worden war. Die Entscheidung des BVerwG hat Bedeutung für die Rechtsprechung im Zusammenhang mit der medizinischen Anwendung von Cannabis und deren Auswirkungen auf die Fahreignung.
Hintergrund des Falls
Dem Kläger wurde die Fahrerlaubnis nach einem Auffahrunfall entzogen, bei dem er angab, Cannabis als Medikament auf Rezept einzunehmen. Eine Blutprobe ergab einen deutlich erhöhten THC-Wert. Der Kläger kam der Anordnung, ein Gutachten einer Begutachtungsstelle für Fahreignung vorzulegen, nicht nach. Der Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis wurde abgelehnt, da der Kläger die geforderten Gutachten nicht vorlegte.
Rechtliche Fragen
Kern der rechtlichen Auseinandersetzung war die Frage, ob der Kläger sich auf das sogenannte Arzneimittelprivileg nach Nr. 9.6 der Anlage 4 der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) berufen konnte. Dieses Privileg sieht vor, dass eine Dauerbehandlung mit Medikamenten nicht zum Verlust der Fahreignung führt, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, darunter die medizinische Indikation der Behandlung und die Gewährleistung der Fahrsicherheit. Weiterhin war strittig, ob die Cannabis-Behandlung die Leistungsfähigkeit des Klägers zum Führen von Kraftfahrzeugen beeinträchtigte.
Entscheidung und Begründung des Gerichts
Das BVerwG bestätigte die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs. Der Verwaltungsgerichtshof hatte die Indikation für die Cannabis-Behandlung verneint, da die Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 Satz 2 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) – die Anwendung des Betäubungsmittels muss zur Erreichung des Therapieziels unerlässlich sein – nicht erfüllt waren. Die vorgelegten Atteste des behandelnden Arztes genügten den Anforderungen an eine begründete Einschätzung nicht. Zudem bestanden Zweifel an der Leistungsfähigkeit des Klägers zum Führen von Kraftfahrzeugen aufgrund der Dauerbehandlung mit Cannabis. Der Kläger hatte einen drogentypischen Fahrfehler (Auffahrunfall) begangen und der festgestellte THC-Wert überstieg den Grenzwert deutlich.
Das BVerwG wies die Beschwerde des Klägers zurück, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung habe. Die Frage nach der medizinischen Indikation im Zusammenhang mit dem Arzneimittelprivileg bedürfe keiner Klärung in einem Revisionsverfahren. Zudem sei die Rechtslage durch das Cannabisgesetz vom 27. März 2024 geändert worden, sodass die Frage nach der Anwendbarkeit des § 13 Abs. 1 Satz 2 BtMG in einem Revisionsverfahren nicht mehr zu klären wäre.
Auswirkungen
Die Entscheidung des BVerwG unterstreicht die hohen Anforderungen an die medizinische Indikation bei der Behandlung mit Cannabis, wenn es um die Fahreignung geht. Sie verdeutlicht, dass die bloße Verschreibung von Cannabis als Medikament nicht ausreicht, um das Arzneimittelprivileg in Anspruch zu nehmen. Die Gerichte prüfen im Einzelfall, ob die strengen Voraussetzungen des BtMG bzw. des Medizinal-Cannabisgesetzes erfüllt sind und ob Zweifel an der Fahrsicherheit bestehen.
Schlussfolgerung
Der Beschluss des BVerwG liefert wichtige Hinweise für die Rechtsprechung im Umgang mit Cannabis im Straßenverkehr, insbesondere im Hinblick auf die medizinische Anwendung. Die Entscheidung betont die Bedeutung einer sorgfältigen Prüfung der medizinischen Indikation und der Fahrsicherheit im Einzelfall. Die Änderung der Rechtslage durch das Cannabisgesetz vom 27. März 2024 wird zukünftig die Beurteilung der Fahreignung bei Cannabis-Patienten beeinflussen.
Quellen:
- BVerwG, Beschluss vom 08.01.2025 - 3 B 2/24