Höhere Eingruppierung für Beschäftigte auf Wertstoffhöfen: BAG-Urteil stärkt Arbeitnehmerrechte
Einführung: Ein kürzlich vom Bundesarbeitsgericht (BAG) gefälltes Urteil hat weitreichende Auswirkungen auf die Eingruppierung von Beschäftigten auf Wertstoffhöfen. Das Urteil vom 17. Juli 2024 (Aktenzeichen: 4 AZR 265/23) stärkt die Rechte der Arbeitnehmer und präzisiert die Anforderungen für eine höhere Eingruppierung nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD).
Sachverhalt:
Der Kläger, ein Arbeiter auf einem Wertstoffhof einer bayerischen Stadt, klagte auf höhere Eingruppierung nach Entgeltgruppe 4 Stufe 6 TVöD/VKA gemäß dem 13. Landesbezirklichen Tarifvertrag handwerklicher Bereich Bayern (13. LBzTV). Zu seinen Aufgaben gehörten Verkehrsregelung, Ausweiskontrollen, Reinigungsarbeiten, Überwachung der Müllsortierung, Beratung der Anliefernden, Bedienung der Presscontainer, Berechnung von Entsorgungsgebühren und die Auswahl von Gegenständen für den Flohmarktverkauf. Die Beklagte, die Stadt, vergütete ihn nach Entgeltgruppe 3 Stufe 6 TVöD/VKA.
Rechtliche Fragen:
Im Mittelpunkt des Rechtsstreits standen die Fragen, ob die vom Kläger ausgeübten Tätigkeiten als einheitlicher Arbeitsvorgang zu betrachten sind und ob diese Tätigkeiten die Anforderungen der Entgeltgruppe 4 ("schwierige Tätigkeiten") erfüllen. Insbesondere war zu klären, ob die Beratung der Anliefernden und die Berechnung der Entsorgungsgebühren als "fachliche Beratung" im Sinne des Tarifvertrags zu qualifizieren sind.
Entscheidung und Begründung:
Das BAG gab der Revision des Klägers überwiegend statt. Das Gericht stellte fest, dass die Tätigkeiten des Klägers einen einheitlichen Arbeitsvorgang bilden, der auf die geordnete Entsorgung von Wertstoffen abzielt. Weiterhin entschied das BAG, dass die Beratung der Anliefernden über die Entsorgungsmöglichkeiten, insbesondere bei der Anlieferung von Altholz und bei der Berechnung der Entsorgungsgebühren, eine "fachliche Beratung" im Sinne des Tarifvertrags darstellt. Diese Beratung gehe über die bloße Überwachung der ordnungsgemäßen Beschickung hinaus, da sie den Anlieferern erst die Möglichkeit einer ordnungsgemäßen Entsorgung eröffne. Da diese anspruchsvolleren Tätigkeiten in rechtlich erheblichem Umfang anfielen, erfüllte der Kläger die Voraussetzungen der Entgeltgruppe 4.
Auswirkungen:
Das Urteil des BAG hat erhebliche Bedeutung für die Eingruppierung von Beschäftigten auf Wertstoffhöfen in Bayern. Es verdeutlicht, dass die Anforderungen der Entgeltgruppe 4 bereits dann erfüllt sein können, wenn die Beratung der Anliefernden über die Entsorgungsmöglichkeiten einen wesentlichen Teil der Tätigkeit ausmacht. Kommunen, die ihre Mitarbeiter auf Wertstoffhöfen nach Entgeltgruppe 3 vergüten, müssen nun prüfen, ob die tatsächlichen Tätigkeiten der Beschäftigten eine höhere Eingruppierung rechtfertigen.
Schlussfolgerung:
Das BAG-Urteil stärkt die Rechte der Beschäftigten auf Wertstoffhöfen und sorgt für eine gerechtere Eingruppierungspraxis. Es ist zu erwarten, dass das Urteil auch Auswirkungen auf ähnliche Fälle in anderen Bundesländern haben wird. Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Aufgabenanalyse und -bewertung bei der Eingruppierung von Beschäftigten im öffentlichen Dienst.
Quelle: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17. Juli 2024, Aktenzeichen: 4 AZR 265/23