Insolvenzanfechtung: BGH präzisiert Berücksichtigung inkongruenter Deckungen bei der Prüfung der objektiven Zahlungsunfähigkeit
Einführung: Ein kürzlich vom Bundesgerichtshof (BGH) erlassenes Urteil vom 9. Januar 2025 (Az.: IX ZR 41/23) präzisiert die Kriterien für die Beurteilung der objektiven Zahlungsunfähigkeit im Kontext der Insolvenzanfechtung. Die Entscheidung klärt, wie inkongruente Deckungen im Zeitraum kurz vor dem Insolvenzantrag bei der Prüfung der Zahlungsunfähigkeit zu berücksichtigen sind.
Sachverhalt:
Der Fall betrifft ein Insolvenzanfechtungsverfahren, in dem der Insolvenzverwalter eine vom Schuldner vorgenommene Zahlung angefochten hat. Das Verfahren gelangte über das Landgericht (LG) Düsseldorf (Urteil vom 2. Dezember 2021, Az.: 10 O 142/19) und das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf (Urteil vom 9. Februar 2023, Az.: I-12 U 57/21) schließlich zum BGH.
Rechtliche Probleme:
Kernfrage des Verfahrens war, ob der Schuldner zum Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung objektiv zahlungsunfähig gemäß § 17 Abs. 2 S. 2 InsO war. Streitig war insbesondere, wie inkongruente Deckungen, die der Schuldner im zweiten und dritten Monat vor dem Insolvenzantrag erbracht hatte, bei der Prüfung der Zahlungsunfähigkeit zu berücksichtigen sind. Eine inkongruente Deckung liegt vor, wenn der Schuldner eine bestimmte Forderung nicht mit den dafür vorgesehenen Mitteln begleicht, sondern andere Vermögenswerte verwendet.
Entscheidung und Begründung:
Der BGH entschied, dass auch die in inkongruenter Weise befriedigte Forderung bei der Prüfung zu berücksichtigen ist, ob der Schuldner im Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung objektiv zahlungsunfähig war. Der BGH begründete seine Entscheidung damit, dass die inkongruente Deckung den Mangel an liquiden Mitteln verdeutlicht und somit ein Indiz für die Zahlungsunfähigkeit darstellt. Die bloße Tatsache, dass der Schuldner noch über andere Vermögenswerte verfügt, ändert nichts daran, dass er nicht in der Lage war, seine fälligen Verbindlichkeiten mit den hierfür vorgesehenen Mitteln zu begleichen.
Auswirkungen:
Die Entscheidung des BGH hat erhebliche Auswirkungen auf die Praxis der Insolvenzanfechtung. Sie stärkt die Position der Insolvenzverwalter und erleichtert die Anfechtung von Rechtshandlungen, die kurz vor dem Insolvenzantrag vorgenommen wurden. Gleichzeitig erhöht sie den Druck auf Unternehmen, ihre Liquidität sorgfältig zu überwachen und rechtzeitig Sanierungsmaßnahmen einzuleiten.
Schlussfolgerung:
Das Urteil des BGH präzisiert die Kriterien für die Beurteilung der objektiven Zahlungsunfähigkeit und liefert wichtige Hinweise für die Praxis der Insolvenzanfechtung. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung in diesem Bereich weiterentwickeln wird.
Quelle: Bundesgerichtshof, Urteil vom 9. Januar 2025, Az.: IX ZR 41/23 (abrufbar über die Entscheidungsdatenbank des Bundesgerichtshofs).